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Alt 25.05.2021, 14:04   #7591
SharkRider
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Ich behaupte, dass die alten, fundamentalen Indikatoren weiterhin Ihre Berechtigung haben. Allerdings verschiebt sich eben die Skala, wie diese Indikatoren zu interpretieren sind.

Beispiel Dividendenrendite: Früher gab es mal 3% Zinsen. D.h. eine Firma musste, um für die Investoren interessant zu sein, deutlich mehr Rendite als 3% bieten. E.g. 5-8% Dividendenrendite. Heutzutage gibt es 0% Zinsen - d.h. selbst wenn eine Firma nur noch 2-3% Dividendenrendite hat, ist das besser als nix. Diese 2-3% Ausschüttung würde ich völlig unabhängig von der Inflation betrachten. Das ist eher ein Wert, der abhängig von den möglichen Zinsen ist. Zudem die Ausschüttung der Gewinne nicht unbedingt erwünscht ist; oftmals ist eine Investition in das Unternehmen besser / sinnvoller. Insbesondere vor dem Hintergrund Covid, schütten viele Firmen gerade weniger aus. (D.h. aber nicht immer, dass keine Gewinne da wären, die man ausschütten könnte)

Beispiel KGV: Die historischen Bewertungen von vielen Unternehmen sind sicher noch ein möglicher Indikator dafür, dass die Firma im Bezug auf die aktuellen Gewinne zu teuer ist. Insbesondere viele US Firmen im NASDAQ sind bereits extrem teuer (ShitCos) - aber auch Firmen wie Amazon, Google etc. Damit ist die mögliche Fallhöhe entsprechend hoch. Allerdings muss man hier zwei Dinge berücksichtigen:

1) Früher war ein KGV von 30 bereits sehr teuer. Früher konnte man allerdings auch eine Immobilie in 30 Jahren problemlos abbezahlen
Heute hat sich dies Grenze eben etwas nach oben verschoben, genauso wie die durchschnittliche Darlehenslaufzeit. Eben weil die erreichbare Rendite geringer geworden ist. (2% Realrendite sind super, wenn ich sonst 2% p.a. verliere)

2) Auch wird hier vom Markt offenbar bereits eine gewisse Inflation unterstellt. Sobald die Gewinne (mit der Inflation) nominell ansteigen, gleicht sich dieser Wert auf der Zeitachse teilweise wieder aus. Der Indikator wird halt nur Stand heute berechnet, ohne die zukünftige Entwicklung zu berücksichtigen.

Wofür der Indikator z.B. immer noch sehr gut taugt, ist um zwei ähnliche Firmen miteinander zu vergleichen.

Grundsätzlich ist es aktuell schwierig, noch eine gute Firma für ein solides Investment zu finden. Gut möglich, dass es kurzfristig mal rumpelt.
Aktuell scheint es nicht danach auszusehen. Trotz (oder sogar aufgrund?) des zeitweisen Krypto Crash sehen wir weiterhin steigende Kurse. Mittel- bis langfristig sehe ich bei soliden Werte mit tragfähigem Geschäftsmodell keine Gefahr. Die hohen Bewertungen werden sich durch Inflation u.a. ausgleichen. (wenn man auf einen Dollar 40 Cent druckt, steigen auch die Sachwerte nominell um bis zu 40%)

An ein Horror-Szenario mit kräftig steigenden Zinsen und einem folgenden platzen der Immobilien Blasen und fallenden Aktienkursen durch die Bank glaube ich derzeit nicht. Falls es Zinssteigerungen geben wird, werden diese eher gering sein. Zu gering, um etwas zu bewirken. Die Wirtschaft braucht ja eine Inflation, um die Staatsschulden auf einem tragfähigem Niveau zu halten und die Wirtschaft zu stimulieren. Eine Deflation wäre sehr schlecht für die wirtschaftliche Lage, daher wird die EZB weiterhin alles tun, um solch ein Szenario zu vermeiden. Das der Sparer dabei enteignet wird, interessiert die EZB doch nicht. Auch gibt es aktuell steigende Rohstoffpreise; eine höhere Co2 Steuer ist im Gespräch. Man plant bereits weitere Schulden fürs gute Klima. Alles Dinge, die potentiell eine preistreibende Wirkung haben werden.

Abgesehen von den plötzlich steigenden Zinsen in Verbindung mit einer Überschuldung der US Privatanleger fehlt mir aktuell ein Motiv / die Phantasie, was den nächsten grossen Crash auslösen sollte? Zumal die US Privatanleger sich anders verhalten als die deutschen Privatanleger; so dass man davon ausgehen kann, dass die Auswirkungen auf den deutschen Aktienmarkt geringer sein werden als auf den US Markt.
Hierzulande wird zwar auch Müll blind gekauft. Allerdings in der Regel nicht auf Kredit. Der Großteil der Anleger hat sein Geld ohnehin auf dem Sparbuch.
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