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Alt 04.01.2012, 14:51   #2641
Sebastian_Kroll
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Neben den Griechen fangen jetzt auch die Italiener an....

Athen/Mailand, 04. Jan (Reuters) - Rette sich, wer kann. Das ist die Devise für immer mehr Sparer in Griechenland und Italien. Die täglichen Meldungen zur Schuldenkrise und vermeintlich wankenden Geldhäusern machen ihnen inzwischen so viel Angst, dass sie ihre Euros nehmen und in Sicherheit bringen. Sparkonten bei der Hausbank, selbst wenn es ein ausländisches Institut ist, gehören nicht mehr dazu. Gefragt sind stattdessen mietbare Schließfächer oder Tresore für zu Hause - dort wird das Geld geparkt, bis es ins Ausland wandert. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. "Ein Kunde hat mir sogar erzählt, dass er sich seinen eigenen Safe unter dem Pool baut", berichtet ein Banker in Athen.

Am größten ist die Angst in Griechenland, das mit dem Rücken zur Wand steht. Das Land hofft auf internationale Finanzhilfen von 130 Milliarden Euro, um eine Pleite abzuwenden. Ohne die neuen Spritzen drohe das Aus für die Euro-Mitgliedschaft, räumte die Regierung in dieser Woche ein.

Fällt das Land, dann fallen auch die heimischen Banken. Diese Erkenntnis ist nicht nur bei den Millionären gereift, sondern inzwischen auch beim Mittelstand und den Kleinsparern mit ihren Not-Groschen. Die Kundeneinlagen sind auf ein Fünf-Jahres-Tief gefallen, was die Refinanzierungsnot gerade der lokalen Banken noch verschärfen könnte. Manche Institute buhlen deshalb schon mit sieben Prozent Zinsen um die Gunst der Kunden - vergeblich. Gefragt sind ausländische Währungen, etwa der Schweizer Franken, australische Dollar oder norwegische Kronen, und natürlich Gold. Dies alles wandert zusammen mit den verbliebenen Euros vielerorts in die Safes. "Die Zahl der vermieteten Schließfächer ist heute fünf Mal so hoch wie vor einem Jahr", erzählt ein Banker hinter vorgehaltener Hand.



ANSTURM AUF BERLIN
Auch bei den Italienern sinkt die Hoffnung, dass das hochverschuldete Land bald wieder auf die Beine kommt. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Euro-Zone muss in diesem Jahr 450 Milliarden Euro am Kapitalmarkt aufnehmen, um sich zu refinanzieren. Eine Herkulesaufgabe, darin sind sich Finanzexperten und Politiker einig. Investoren hatten dem Land zuletzt immer höhere Zinsen abverlangt, weil sie den Reformversprechen der Regierung noch keinen Glauben schenken.

Auf der Suche nach sicheren Anlagen haben die italienischen Sparer allerdings etwas andere Präferenzen als die Griechen: Sie suchen ihr Glück verstärkt auf dem deutschen Immobilienmarkt, der zu den stabilsten in Europa zählt. Vor allem auf dem Wohnungsmarkt in Berlin tummeln sich Maklern zufolge immer mehr italienische Privatinvestoren: Rentner, Ärzte, Filmregisseure, Architekten und Lehrer. Hotspots wie London sind für sie eine Nummer zu groß, daher schauen sie sich im preisgünstigen Berlin um, wo kleine Appartments schon für weniger als 100.000 Euro zu haben sind.

"Die Verkäufe sind in den letzten zwei Monaten durch die Decke gegangen", sagt Federico Racca von der Agentur Berlino Immobiliare. Allein in der ersten Dezember-Woche verkaufte die Firma 50 Objekte, so viel wie sonst in einem ganzen Monat. "Sie kommen in Massen", bestätigt auch Annalisa Fornara vom kleinen Maklerhaus m2Square in Berlin. "Ganze Marktsegmente sind in den Händen der Italiener."

Banker in Mailand, Bologna und anderen Metropolen versuchen zu beschwichtigen. Die Kundeneinlagen bei italienischen Banken seien keineswegs so dramatisch eingebrochen wie in Griechenland, heißt es unisono. Der Rückgang liege über das Jahr bei vier Prozent und sei auch den höheren Lebenshaltungskosten, niedrigeren Einkommen und nicht zuletzt den Weihnachtsausgaben geschuldet. Die Medien hätten mit ihrer Berichterstattung maßgeblich zur Verunsicherung der Kunden beigetragen, schimpft der Manager eines großen Vermögensverwalters. "Im Moment schaffe ich es noch, meine Kunden zu halten. Allerdings haben mich die Gespräche früher nur zehn Minuten gekostet. Heute brauche ich mehrere Stunden, um ihnen alles zu erklären."
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