Thema: Gin Guru 2012
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Alt 30.04.2012, 15:59   #2
Arne@Lübeck
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Standard Ich habe ihn getestet...

...und werde hier meine Eindrücke weitergeben. Da ich momentan Urlaub habe und somit auch geistig verlangsamt bin, werde ich den Eintrag in den nächsten Tagen nach und nach mit weiteren Informationen füttern. Also, wer Interesse an Infos hat, kann bestimmte Fragen zum Kite direkt an mich richten oder sich gedulden...

1. Eindruck von Qualität und Verarbeitung:

Der Kite wird komplett mit Bar, Pumpe und Bag geliefert. Der Rucksack ist sehr groß und verfügt über viele Taschen, die Pumpe und Bar zum Transport aufnehmen. Ferner lässt sich der Rucksack mittels Reißverschluss sehr weit öffnen, was ein Verstauen des Kites sehr leicht und angenehm macht. Die Bar verfügt über eine separate Tasche. Bei der Pumpe handelt es sich um eine konventionelle Doppelhubpumpe. Ein Repairkit und eine weitere Tasche zum Kitetransport mit befüllten Struts ist auch dabei.

Der Kite ist sauber verarbeitet und macht einen stabilen Eindruck. Die Nähte sind sauber geführt, die Schnittkanten gerade und am Kite findet sich viel Dracon. Farbliche Gestaltungen wurden durch das unterschiedlich farbige Tuch und Farbdrucke erreicht.

Eine Waage mit Bridle-Ring unterstützt die Fronttube. Die Steuerleinen werden direkt angeknüpft. Zum Verstauen der längeren Waage und Steuerleinen gibt es eine praktische Aufnahme aus Gurtband, die ein Vertüddeln des Gebändsels verhindern soll.


Bar/Safety-System:

Die Bar mit vier Leinen besteht aus Faser verstärktem Verbundkunststoff mit EVA-Belag und hat einen angenehm schlanken Holm. Die Leinen sind aus Dyneema und enden mit Pigtails. Kunststoffteile sind aus Polycarbonat/Spritzguß und sind sauber verarbeitet. Das Gin GTS (Gin Twin Safety) arbeitet über den Vorlauf einer Frontleine. Ab Adjuster wird eine Centerleine doppelt geführt und teilt sich in etwa der Hälfte in ein Y. Die Safetyleine läuft an dieser Stelle durch einen Ring als Frontleine weiter, an welcher der Kite im Falle einer Auslösung drucklos ausweht. Das Quickrelease funktioniert mittels Schubhülse, welche nach oben geschoben wird, eine Aluzunge freigibt und dann zwischen Chickenloop und Depowertampen trennt. Verbunden bleibt man weiterhin mit dem auswehendem Kite über die GTS, eine dünne Dyneemaleine, die am Chickenloop hängt und zur vollständigen Trennung nach ähnlichem Prinzip arbeitet. Auf beiden Steuerleinen befinden sich Oh-Shit-Handles. Der Adjuster arbeitet nach dem Pull-Pull-Prinzip und ist aus Gurtband. Hier hat man durch zwei unterschiedliche Griffschlaufen die Möglichkeit einer Grob- bzw. Feindosierung. Der Depowertampen ist doppelt durch die Bar geführt und ermöglicht so durch Anpowern ein Ausdrehen der Frontleinen. Der Chickenloop ist Kunststoff ummantelt und starr. Oberhalb dessen befindet sich ein einfacher Wirbel. Chickendick sowie ein Ring zur Aufnahme der Safetyleine sind am Chickenloop befestigt.

Kite:

Der Kite ist nach dem Delta-Open-C-Shape konstruiert. Optisch wirkt er stark nach hinten gepfeilt, flacher profiliert und macht einen kompakten Eindruck mit viel Fläche im mittleren Bereich. Die Fronttube ist stark gerundet und sehr schlank. Die Tipps sind zum Verlauf der Fronttube abgewinkelt. Es befinden sich zwei konventionelle Ventile auf der Fronttube, über welche der Kite be- und entlüftet wird. Das Onepump versorgt die Struts über extern liegende Schläuche. An den Backleinen gibt es die Wahlmöglichkeit zwischen zwei Drehgeschwindigkeiten. Die Fronttube und das Tuch bestehen aus vielen durchgehenden Bahnen. Fünf schlanke Struts geben dem Tuch Profil. An der Abströmkante und den Tipps befindet sich reichlich Dracon. An diversen Stellen befinden sich Verstärkungen gegen Abscheuern o. ä. Auf der Waage laufen keinen Rollen, sondern ein Ring. Die Aufhahmen für die Leinen sind verwechslungssicher durch Schlaufe/Knoten und Farbe gestaltet.

So, das war der objektive Befund... alles was nachstehend ist, ist größtenteils subjektive Wahrnehmung:

Zu mir 200cm/105 kg, 10 Jahre Kiteerfahrung, Freestyle orientiert mit Oldschool Fähigkeiten und dem Hang zu strappless waven. Dann gibt es bei mir noch eine Freundin, die die Hälfte meiner Person ist und gerne mit meinem Material aufs Wasser geht. Also bevorzuge ich echte Allround-Maschinen, mit denen man wirklich alles machen kann - die Eier legende Wollmilchsau!!

Hier mein persönlicher Erfahrungsbericht:

Windbereich:

Ich konnte den 10er Guru in einem Windbereich von 12/13 Knoten bis 27/28 Knoten fahren(Brett 137/42). Im unteren Windbereich scheint der Kite sehr auf den Steuerleinen zu hängen, geht aber dennoch, wenn er angestömt wird, an den Windfensterrand und macht sehr gut Höhe. Die Anknüpfposition für wenig Wind verkürzt die Steuerleinen zu sehr, dass der Kite bei wenig Wind stallt. Die Anknüpfposition für mehr Wind ist völlig ausreichend. Ich habe diese auch bei wenig Wind genutzt. Der Kite geht m. E. super früh los, d. h. auch bei weniger Wind ist nicht nur hin und her fahren drin sondern auch Springen funktioniert schon.

Handling:

Der Kite verfügt über moderate Halte- und Barkräfte, die in etwa mit klassischen C-Kites vergleichbar sind. Hierdurch erfährt man gute Rückmeldung vom Kite und ist bestens darüber informiert, wo der Kollege steht. Ein Verlenken/Verreißen ist praktisch unmöglich. Ist der Kite einmal gestellt und gut angeströmt, wird man mit diesem wahnsinnig schnell. Das beschert einem Vorteile beim Höhe fahren und beim Springen, denn die Geschwindigkeit lässt sich wunderbar dazu nutzen, den Kite Richtung Windfensterrand zu bringen oder diesen in den Zenit zu schicken. Der Wasserstart funktioniert sehr einfach. Zum einen ist es fast unmöglich, den Kite anders aufs Wasser zu befördern als mit der Fronttube nach unten, also keine Belly-up oder invertierten Sachen. Zum anderen krabbelt der Kite beim Einlenken der Bar durch die gerundete Fronttube sehr schnell und widerstandsarm in Richtung Windfensterrand, um von dort gestartet zu werden.

Die Bar ist funktionell und gut sortiert. Zwei Steuerleinen mit Oh-Shit-Handles, ein hohes Y mit Centerleine und Safetydurchläuferin einem Metallring, ein Gurtbandadjuster, doppelter Depowertampen mit anschließendem Wirbel zum Ausdrehen, ein grob anmutendes Quickrelease und ein starrer Chickenloop mit Chickendick... Die Kernpunkte: Der Adjuster wirkt etwas fummelig durch die Möglichkeit, zum Depowern zwischen zwei Schlaufen zum Ziehen zu wählen; die eine trimmt zunächst 50% und die andere 100%. Leider liegt eine der Schlaufen genau über der Schlaufe, die zum Lösen gegriffen werden muss. Fährt man viel mit Handschuhen, bedarf es schon etwas Gefühl, die richtige Schlaufe zu greifen. Das Entdrehen der Frontleinen funktioniert durch Anpowern der Bar. Die beiden doppelt geführten Depowertampen werden im Holm der Bar durch einen Steg getrennt und wirken so auf einen einfachen, aber gut gängigen Wirbel oberhalb des Chickenloops. Das Quickrelease wirkt etwas klobig, lässt sich aber gut greifen und auch schwimmend wieder zusammenbauen. Ausgelöst gibt es die darunter liegende zweite Stufe des G(in) T(win) S(safety) frei, welche nach bekannter Weise, wegschieben, funktioniert.

Oldschool:

Der Kite ist zum Springen gebaut. Das merkt man auch, wenn man es tut. Da ich es von meinen aktuellen Kites gewöhnt bin, diese mit viel Speed in Richtung Zenit zu schicken, um auf gute Airtime zu kommen, tat ich es mit dem Guru gleich und war wirklich erstaunt, wie klein alles von oben aussieht. Der Kite liftet, trägt und setzt einen ab, das einem ganz schwindelig wird... es ist der Hammer. Springen geht damit so easy, dass selbst Kiter mit nicht so ausgefeilter Sprungtechnik ihre Freude mit dem Kite haben werden. Ich für meinen Teil habe wieder Boardoffs mit Rotationen und Varials für mich entdeckt...

Wave:

Der Guru ist ein prima Kite für die Welle. Willig zieht er Höhe. Bei Welle abreiten fliegt er stabil hinter her und lässt sich sogar gedepowert gut lenken. Auch bei schnellen Wellenritten konnte ich den Kite nicht unterfahren, so dass er stallte. Einmal gedropt konnte man den Kite schnell wieder aus dem Wasser bewegen. Ich finde, dass er eine richtige Alternative zu reinen Wavern ist.

Newschool/Unhooked:

Im engen Loop dreht der Kite mit moderatem Versatz nach Lee, teilweise dreht er sehr über das angelenkte Tipp. Zu stark eingelenkt flattert das gegenüberliegene Tipp mitunter. Als 10er war er zu langsam um richtig zu fangen. Weitere Radien unhooked mit gut Druck in der Tüte zetteln schon mehr Krawall an. Zum Aushaken fehlt dem Kite die nötige Popp/Release-Fähigkeit. Der Slack der gespannten Leinen scheint sich mehr in der Kappe zu entladen als fahrerseitig. Der Kite neigt dabei sehr schnell zum Tragen.

Mein Fazit:

Der Kite ist der Hammer für Anfänger/Intermediate-Fahrer und für alle, die Airtime haben wollten!! Ich bin, was das angeht, total begeistert. Alle die einen Freerider mit Welleneignung suchen, sollten den Guru in Betracht ziehen. Die Newschool-/Unhookedeigenschaften haben mich nicht überzeugt. Diese sollen aber auch nicht Stärke des Guru´s sein. Die Verarbeitung des Kites ist oberklasse. Der Bar würde ich nach Schulnoten eine 3+ verpassen. Verbesserung hier sind durchaus möglich, z. B. verstellbar in der Länge, virtuelle 5. Leine (Einhängung im Chickenloop empfiehlt sich nicht beim Üben verschiedener unhooked Tricks, das ruckt grad bei to blind manchmal ganz schön)

Also einige wenige Kritikpunkte; viel, ganz viel Lob und für mich doch nicht der richtige Kite...

MfG, Arne


Geändert von Arne@Lübeck (04.05.2012 um 18:43 Uhr)
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