Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 08.04.2021, 23:07   #54
wilfried-o-e
Benutzer
 
Registriert seit: 01/2007
Beiträge: 237
Standard

Jou, zurück zum Thema.

Hier noch ne nette Geschichte:
Vor ein paar Jahren fiel mir auf Rhodes ein Kiter auf, der nur zum Strand fuhr, und - an der Wasserkante auf dem Brett stehend - von seiner Freundin ne Flasche Wasser kriegte, einen ordentlichen Schluck nahm, auf die Uhr sah u. wieder losfuhr.

Auf Nachfragen erfuhr ich, dass er an dem Tag versuchte, den eigenen Streckenrekord zu knacken und 100 km am Stück zu fahren. Alle Achtung, der Typ war auch echt durchtrainiert.

Das war nur das Intro, wie ich an so ne Uhr kam. Ich hab sie mir am nächsten Tag ausgeliehen um zu sehen wie schnell man denn so fährt. Genauer gesagt wie schnell ICH bin.

Zuhause hab ich mir dann das Teil zugelegt (ne Polar 400). Ich bin inzwischen 66 geworden u. nicht so fit wie der Kiter aus Griechenland, mein maximaler Streckenrekord betrug 63 km an einem Kitetag (incl. Pausen), da fährt man schon ne Weile dran und ist auch hinterher echt kaputt. Wenigstens ich.

Aber die Geschwindigkeit war mir wichtiger. Wann bin ich wie schnell, was geht maximal?
20-25 km/h sind so das untere eher langsame Fahren, 30-35, wenn es kabbelig ist, ist schon ganz ordentlich. 40 Sachen gehen nur bei glattem Wasser, aber dann hab ich schon ein echtes Gefühl von Speed.

Und danach geht es nur noch langsam nach oben. Und der Unterschied von 40 auf z.B. 44 Sachen ist gefühlt viel mehr als der von 20 auf 30.

Und dann ist Schluss. An einem Tag kam ich nicht über 44, ne Woche später mit x Versuchen bei absolut glattem Wasser und leichtem Raumschotkurs 46, die Woche drauf konnte ich das nicht mehr wiederholen. Muskeln anspannen, die Schlaufen möglichst eng einstellen, mit aufgebogenen Zehen noch mehr festkrallen, auf Höhe verzichten und im Raumschot alles angespannt halten, - das hatte ich irgendwann für mich rausgekriegt. Die Grenze war immer wieder das Gefühl, dass ich die Kontrolle über's Brett verliere. 47 war inzwischen mein Topergebnis.

Ihr ahnt mein Ziel: Die 50 knacken!
Es hat wieder ne Woche gebraucht, guter Wind, glattes Wasser, Raumschot, zwischendurch auch auf die Uhr gesehen , 48 Sachen, weiter alles gehalten und dann schaukelte das Brett einmal auf oder verlor irgendwie die Spur, Schleudersturz, beim Aufprall "Sterne gesehen", sonst alles heil, Blick auf die Uhr: 50,9 km/h!
Happy, Glücksgefühle, auch Stolz oder so was ähnlichers.

Und ordentlich Schmerzen links u. rechts auf beiden Seiten der Rippen. Als ich mich auf's Maul gepackt habe und die Geschwindigkeit auf wenigen Metern von 50 auf Null gebracht habe, haben beim Aufprall die Rippen vom Hüfttrapez schlagartig einen abgekriegt.

Danach war ich im Sommerurlaub. Beim Lachen tat's etwas weh, beim auf der Seite liegen ordentlich, links u. rechts , nach 2 Wochen war's aber wieder okay.

Gelernt? Och, eigentlich nix, hat Spass gemacht. Aber es braucht die richtigen Bedingungen, sonst kann man es vergessen. Und was erzwingen, was an dem Tag nicht geht, das ist nicht klug. Und: High-Speed wie wir es von den Profis kennen, hat meinen vollen Respekt. Und ist schon risikoreich.

Nachspiel: Meinem Freund Freddy hatte ich die ganze Geschichte schon ausführlich erzählt. Als ich ihn am Salzhaff traf meinte er: "Gib mal her das Teil", schnallte sich die Uhr um, gab Gas (auch Raumschot u ganz glattes Wasser), kam wieder: "54 km/h auf der Uhr!" Wir mussten beide echt lachen! Alte Scheiße, Freddy, das kann nur an deinem schmalen Brett liegen.


Geändert von wilfried-o-e (09.04.2021 um 14:21 Uhr)
wilfried-o-e ist offline   Mit Zitat antworten